Warum uns das Thema alle etwas angeht

Im Juni 202 veränderte ein Video von 8 Minuten und 46 Sekunde Länge das Denken in vielen Köpfen. Bei manchen war es nachhaltiger, bei manchen weniger nachhaltig. Zu sehen war auf diesem Video ein Polizist, der im Nacken eines Mannes kniete, der später verstarb. Die Rede ist von George Floyd.
Aber auch der Satz „Der Rassismus in den USA hat nichts mit unserer Welt hier in Europa zu tun“ fiel in diesem Zusammenhang…
Hierzu möchte ich nur eins sagen: Am 7. Januar 2005 verbrannte ein Mann in einer deutschen Arrestzelle. Alleine. „Untersuchungen“ sollen ergeben haben, dass er sich selbst angezündet haben soll, obwohl er gefesselt war und nachweislich ein Brandbeschleuniger verwendet wurde… Oury Jallohs Fall gilt bis heute als Selbstmord, obwohl alles dafür spricht, dass die Polizisten den schwarzen Mann angezündet haben… so viel zum Thema „Das gibt es hier nicht“

Rassismus ist überall! Und so lange wir die Augen davor verschließen, wird sich nichts daran ändern. In diesem Beitrag möchte ich euch drei unheimlich wertvolle Bücher zu diesem Thema vorstellen. Vielleicht kennt ihr das eine oder andere, dann werdet ihr hoffentlich meine Gedanken nachvollziehen können. Wenn ihr sie nicht kennt, lernt ihr sie hoffentlich ein wenig besser kennen und vielleicht wecken meine Worte ja euer Interesse.

 

Das erste Buch, über das ich sprechen möchte, kennt ihr möglicherweise schon, da es besonders im Oktober 2021 im Rahmen der Absage der Autorin für die Buchmesse in aller Munde war.

Schwarzes Herz – Jasmina Kuhnke

Jasmina Kuhne aka Quattromilf (auf Instagram) erlebte in der Vergangenheit so viel Mist, dass man einfach nur schreien möchte. Sie musste Hals über Kopf umziehen, da sie und ihre Kinder in Gefahr waren und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Auf ihrem Instagram-Kanals teilt sie sehr viel zu diesem Thema und leistet wichtige Aufklärungsarbeit.

Nun hat sie ein Buch geschrieben, das die Geschichte einer jungen Frau erzählt, die in einer Spirale aus toxischer Beziehung, familiären Missständen und einer Gesellschaft gefangen ist, die (bis heute) Unterschiede zwischen heller und dunkler Haut macht.

Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive erzählt, soll aber nicht autobiografisch sein, sondern durch die Perspektive verdeutlichen, was Rassismus mit der Seele der Betroffenen macht. Und das funktioniert erstaunlich gut. Obwohl das Buch nur stark 200 Seiten umfasst, habe ich glaub eine Woche daran gelesen. Ich konnte einfach nicht viel am Stück lesen, denn Carolin Kebekus trifft es mit ihren Worten auf der Rückseite des Buches ganz gut: „Jasminas Geschichte ist wie ein Schlag ins Gesicht“.

„Schwarzes Herz“ tut weh, denn es rüttelt wach. Es führt vor Augen, wie viel mehr jeden Tag passiert, als uns privilegierten Weißen bewusst ist. Wie viel tiefer die Problematik geht.
„Schwarzes Herz“ ist ein absolutes Muss!

 

Stamped – Jason Reynolds und Ibrahim X. Kendi

Um Denkmuster und -strukturen zu verstehen, muss man sich anschauen, wie sie entstanden sind. „Stamped“ von Ibrahim X. Kendi erschien 2017 unter dem Titel „Stamped from the Beginning“, während der deutsche Titel „Gebrandmarkt“ war. Jason Reynolds hat sich zur Aufgabe gemacht, dieses Buch nun zugänglicher zu machen. Nun ist es besonders auch für jüngere Leser:innen leichter verständlich.

Auf den ersten Blick ins Inhaltsverzeichnis könnte man meinen, man hätte es mir einem langweiligen Geschichtsbuch zu tun. Aber lasst euch nicht in die Irre führen.
Es gibt einen sehr übersichtlichen Einblick in die einzelnen „Epochen“ und wie sich der Rassismus in dieser Zeit strukturell entwickelt und ausgebildet hat.

Dieses Buch sollte wirklich Pflichtlektüre in der Schule sein. (Letterheart findet auch sehr passende Worte, die noch weit über meine hinausgehen.)

„Kennt ihr das, wenn ihr bei einer Serie bei der dritten oder vierten Staffel einsteigt und versucht mitzukommen, aber nicht so richtig versteht, was vor sich geht, und deshalb das Interesse verliert? Das darf bei Rassismus nicht passieren -, und deshalb ist dieses Buch wichtig.“  Alice Masters im Vorwort

Schwarzweißdenken – Sara Maria Behbehani

Aber warum wachen die Deutschen erst auf, wenn in den USA ein Schwarzer durch Polizeigewalt zu Tode kommt? Haben die NSU-Morde nicht ausgereicht? Sind Anschläge auf Moscheen nicht genauso grausam?
Weil man da sagen kann „Das war ein Nazi, damit habe ich nichts zu tun“? Woran liegt es, dass das Thema Rassismus in unserem Land so untergeht?
Mit dieser Frage und noch mehr befasst sich Sara Maria Behbehani in „Schwarzweißdenken“.

Fragen wie „Wie divers ist die deutsche Gesellschaft?“, „Welche Vorurteile existieren noch immer in den Köpfen?“, aber auch „Woher kommt der Hass?“.

Sara ist Journalistin und weiß dementsprechend ihre Gedanken in Worte zu fassen.
So schlicht dieses Buch von außen auch sein mag, so gewaltig und bewegend ist der Inhalt. „Schwarzweißdenken“ braucht kein auffälliges Cover und keine pompöse Aufmachung. Der Inhalt ist das, worauf der Fokus liegt und das kommt hier ganz klar ohne Glatter und Pomp aus.

Gut recherchiert und mit genau der richtigen Menge eigenes Empfinden und eigenes Erleben wird hier dargestellt, wie die Situation in Deutschland aussieht.
Ähnlich wie bei „Schwarzes Herz“ gehen die Worte direkt unter die Haut, weil sich ein völlig neuer Blickwinkel eröffnet.
Als Ally geht man schon mit offenen Augen durch die Welt und ist sich vieler Dinge bewusster als jemand, der sich noch nie Gedanken dazu gemacht hat. Trotzdem hat es mich beim Lesen immer wieder erschüttert, was mir alles in dieser Form nicht bewusst war und wieviel Arbeit noch vor uns liegt.

Im Jahr 2022 sollte man meinen, dass wir weiter sind, doch wir haben noch einen weiten Weg vor uns um es endlich allen Menschen zu ermöglichen, gleichberechtigt in einem Land wie Deutschland zu leben. Eigentlich traurig… eigentlich sollten wir viel weiter sein… eigentlich sollten viel mehr Menschen dieses Buch lesen!

 

Ich hoffe, ich konnte euch einen kleinen Einblick geben in die Bücher zum Thema Rassismus, die ich in letzter Zeit gelesen habe.
Wir sollten einfach alle viel mehr daran arbeiten, dass solche Bücher irgendwann nicht mehr nötig sein werden…