Am Donnerstag auf der Frankfurter Buchmesse hatte ich das große Vergnügen, mich mit Markus Heitz zu unterhalten. Er gilt als einer der erfolgreichsten Fantasy-Autoren Deutschlands.

Nach einem kurzen, sehr amüsanten Gespräch darüber, dass er beinahe auch mal Lehrer geworden wäre kamen wir recht schnell auf das Thema „Buchmesse“.

Jana: Wie ist es für dich, hier auf der Messe zu sein? Manche vergleichen die Messewoche ja ein wenig mit einem Ferienlager.

Markus: Heute Morgen ist mir bewusst geworden, dass diese hier meine 18. Messe ist. Ich bin jetzt also hochoffiziell messevolljährig 😉 Ich hab auch vor 18 Jahren meinen ersten Vertrag unterschrieben, insofern ist diese Messe schon etwas besonderes. Ich erinnere mich sogar noch an die Rückfahrt von der Messe vor 18 Jahren. Ich saß im Regionalexpress und hatte die mündliche Zusage vom Verlag, dass ich eine Serie schreiben darf. Ich fand das so absurd…ich saß also im Zug nach Hause und konnte es noch gar nicht richtig fassen. Da wurde man auf die Messe eingeladen, wusste auch, die haben echt Interesse und dann sagen die dir „Hier, den Vertrag haben wir schon vorbereitet, wir hätten gerne 6 Romane“. und wenn dir das als Neuling passiert, ist das schon geiler Scheiß. Das war vor 18 Jahren der erste Vertrag, das war Ulldart.

Jana:  Das ist auf jeden Fall eine großartige Erinnerung! Wie würdest du dich selbst denn in 3 Worten beschreiben? (Ich liebe diese Frage <3)

Markus: (überlegt eine Weile) Alt-Grufti, Schwarztee-Trinker und schwarzhumorig.

Jana: Uh ganz schön düster.

Markus: Ja, wir Gruftis fühlen uns dem Jenseits sehr nahe und sind uns daher unseres Daseins und der Vergänglichkeit sehr bewusst.  Die meisten gehen ja gar nicht davon aus, dass sie sterben könnten, morgen krank sein oder vom Bus überfahren werden könnten. Als Grufti weißt du das jeden Tag und sagst jeden Tag „Geiler Scheiß, noch ein Tag mehr“ und wenn du schlau bist, machst du daraus auch etwas. Deshalb sage ich auch immer: Leute, je mehr ihr drüber nachdenkt, dass ihr morgen tot umfallen könnt, desto bewusster wird euch vielleicht, dass ihr manchen Quatsch besser nicht macht oder Dinge doch besser jetzt angeht, anstatt zu sagen „Das mach ich mal, wenn ich in Rente bin“. Erstens wissen wir, die Rente ist nicht sicher und zweitens weißt du es einfach nicht (ob du sie erlebst, Anm. von mir). Es reicht wenn du blöd gegen einen Bordstein fährst oder blöd über ne Treppe fällst. Aber ich bin da völlig entspannt bei diesem Gedanken. Das macht uns Gruftis einfach nichts aus, wir sind sehr lustige Menschen 🙂

Jana: Während du so vom Tod erzählst, muss ich automatisch irgendwie an Caphalor und Sinthoras denken (zwei Protagonisten aus „Die Legende der Albae“, die ich mega liebe, als kleine Anmerkung am Rande). Nicht weil ich dich mit ihnen vergleichen wollte, sondern aufgrund ihrer besonderen Kunstwerke (kleiner Spoiler: Sinthoras fertigt Kunstwerke aus Blut, Haut und Knochen an)

Markus: Harter Vergleich 😀 aber ich finde es lustig, denn viele sagen „Boa, wie kommt man denn auf so kranke Ideen?“. Naja, aber die Menschheit hat nun mal solche Ideen. Die Menschen haben mit Knochen geschnitzt seit sie…entweder Knochen gefunden haben bzw. Tiere oder andere Menschen erlegt haben. Die Knochenkunst ist uralt. Gemälde mit Blut ist sogar zeitgenössische Kunst. Es gab eine Frau, die mit Menstruationsblut gemalt hat. Ihre Kunstwerke waren auch erstaunlich teuer.
Also die Kunst mit Vergänglichkeit, welches Material auch immer, hat die Menschheit schon immer hervorgebracht. Und wenn ma das ganze auf ein nächstes Level hebt, entsteht eben so etwas. ich benutze nur das, was es schon gibt.

Jana: Du hast in deinem doch noch jungen Leben bereits so viele Werke erschaffen. Was würdest du einem jungen Schriftsteller raten, wenn er dich nach Tipps fragen würde?

Markus: Zu schreiben. Das vergessen sehr viele, so komisch das auch klingt. Beim drüber Nachdenken, was sie alles tun müssen, was der beste Weg wäre und wie sie es am besten angehen sollen, vergessen sie das Prinzipielle: Schreiben und Spaß dabei haben. Wenn du keinen spaß dabei hast, wenn du es nicht willst, wenn du nicht den Drang hast, Geschichten zu erzählen, dann lass die Finger weg. Dann such dir etwas, wo du den Drang verspürst, Kuchen backen zum Beispiel. Manche Leute wissen gar nicht, was für Talente sie haben. Ich habe das große Glück, dass ich das tun kann, was mir unwahrscheinlich viel Spaß macht.
Wenn du herausgefunden hast, was du gerne tust, dann solltest du genau das tun. Das bedeutet nicht automatisch, dass du der reichste Mensch der Welt wirst, aber du wirst sehr lange sehr viel glücklicher sein als viele andere Menschen.
Und ich weiß, dass in Deutschland nur etwa 3-4% der Schriftsteller davon leben können, was ihre Bücher einbringen. Der Rest hat, wie ich früher auch, einen Hauptjob. Ich war Journalist und hab damit meine Kohle verdient und habe nebenbei geschrieben. Bis ich sehr viel Glück hatte, das muss man schon dazu sagen. Seit damals, also seit 2004, bin ich ein sehr fleißiges Bienchen 🙂 Du musst einfach Spaß dabei haben, du musst es wollen und du brauchst Disziplin und Ausdauer und dann brauchst du immer noch Glück. Wenn du großen Erfolg haben willst, gehört einfach auch viel Glück dazu. Wer was anderes behauptet, hat keine Ahnung.

Jana: Du sagst es selbst, du bist sehr fleißig. Das kann man so nennen, wenn man sieht, dass du noch recht jung bist und bereits über 40 Bücher veröffentlich hast. Hast du Rituale, die dich beim Schreiben unterstützen?

Markus: Ich trinke viel Schwarztee 😀 Deshalb habe ich den Schwarztee eben auch erwähnt. Ich trinke am Tag etwa zwei Liter davon. und nicht nur so nen Kindertee, sondern immer die starken Assams, gerne mit ein bisschen Milch, Zucker habe ich mir abgewöhnt inzwischen. Ohne Assam-Tee läuft bei mir gar nichts! Kaffee finde ich recht langweilig und Tee hat auch einen anderen Effekt. Es ist zwar der gleiche Grundstoff – man dachte früher Teein und Koffein seien verschiedene Dinge, heute weiß man es besser – aber Teein hält bei mir länger vor und macht vor allem den Kopf wach. Bei Koffein gibt das Herz Vollgas und nach einer halben Stunde fällst du wieder ins Koma.Tee macht in meinem Kopf die Lampen an.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist Musik, überwiegend Soundtracks oder klassische Musik. Text in den Liedern ist meist schwierig, weil du dann entweder anfängst, mitzusingen oder zuzuhören.

Jana: Ja das geht mir ähnlich. Welche drei Bücher haben dich denn ganz besonders beeinflusst?

Markus: Puh, dass kann ich nur schwer beantworten. Als Kind und Jugendlicher habe ich unfassbar viel gelesen, bis mit 14 der Wunsch aufkam, selbst Geschichten zu erzählen. Ich fand es so spannend, dass du nur die Sprache und Vorstellungsvermögen brauchst, um die geilsten Sachen zu machen.
Es gibt kein bestimmtes Buch, von dem ich sagen könnte, dass es mich beeinflusst hat oder so. Beeindruckend finde ich aber, dass es alte Bücher gibt, die immer noch funktionieren. Da muss ich als Grufti natürlich Lovecraft nennen. Er ist zwar schon lange tot, aber seine Bücher haben einen Flair und bauen eine Stimmung auf, die immer noch funktioniert, obwohl die Sprache deutlich veraltet ist. So etwas finde ich super spannend.
„Meister Margarita“ von Michail Bulgakow habe ich sogar freiwillig gelesen. Man versteht die Geschichten aber nicht, wenn man kein Russe ist oder sich mit den damaligen Gegebenheiten auskennt. „Meister Margarita“ geht ein bisschen in die Richtung Mephisto von Goethe, aber doch anders. Sehr lesenswert.

Jana: Lovecraft wird ja auch heute noch verlegt…

Markus: Ja und auch darüber hinaus, bleibt er. Jetzt kommen wieder zwei Konsolenspiele, basierend auf Lovecraft und Cthulhu. Es ist so lustig, irgendeiner macht die Kiste auf, holt Cthulhu raus, sagt „Ich habe eine Tentakel für dich“ und es funktioniert. Und auch Poe funktioniert nach wie vor.

Jana: Verschenkst du auch Bücher?

Markus: Nein, nie. Man weiß nie, ob die Leute das auch wirklich wollen und lesen. Das ist wie mit Rotwein. du kannst es kaum eingrenzen, wenn du keinen heißen Tipp hast.

Jana: Welche Erinnerung, die du mit dem Schreiben verbindest, ist die schönste.

Markus: Das Schreiben an sich und dass ich unbegrenzte Möglichkeiten habe. Dass ich mich durch alle möglichen Welten bewegen kann und alles erfinden kann, was ich möchte. Die Herausforderung ist es, etwas zu finden, über das noch nicht jeder geschrieben hat. Dann macht das Schreiben doppelt so viel Spaß. Wie z.B. „Des Teufels Gebetbuch“. ich dachte es gäbe schon eine Million Bücher über Kartenspiele. Doch das war nicht so und so etwas macht doppelt so viel Spaß.

Jana: Das Buch gehört zu meinen absoluten Favoriten. Hast du auch einen Favoriten unter deinen Welten?

Markus: Ich mag alle Welten gleich gern und alle Bücher stehen für bestimmte Dinge und Phasen. Mit „Ulldart“ hat alles angefangen, den „Zwergen“ verdanke ich den wirtschaftlichen Erfolg, sodass ich beruflich schreiben konnte. „Mächte des Feuers“ sind was besonderes, „Aera“ auch…also jedes Buch hat seinen speziellen Stellenwert.

Jana: Welche Welt/ Reihe würdest du denn gerne verfilmt sehen?

Markus: Prinzipiell alle, aus genau dem eben genannten Grund. Ich glaube, ich würde den Leuten gerne mal was anderes bieten. Ich würde ganz viele Pilotfilmen drehen und je nachdem, wie sie reagieren, weitermachen.

Jana: Ja ich habe gehört, ein recht großer Verlag hat genau das mit einem neuen Fantasy-Projekt gemacht 😉

Markus: Zumal DOORS ja als Projekt für eine Webserie entstanden ist. Es von vornherein filmisch geplant, doch daraus wurde nichts. Umso lustiger, dass es jetzt als Buch zurückkehrt.

Jana: Hast du einen Favoriten unter den Figuren aus DOORS?

Markus: Nö, es hat einfach Spaß gemacht, in der Pilotfilme Klischees aufzubauen und in den folgenden Büchern passieren dann Dinge, die man so nicht erwartet. Es hat auch unfassbar viel Spaß gemacht, immer mal wieder jemanden sterben zu lassen und verschiedene Enden zu stricken.

Jana: Hast du eine Tür, die dir am besten gefällt?

Markus: Ja, die die nicht aufgemacht wird 😉 Ich wäre ja schön bekloppt, wenn ich in so eine Welt rein gehen würde 🙂

Jana: Wie stellst du denn sicher, dass du in einer möglichen zweiten Staffel weder dich noch die Leser völlig verwirrst?

Markus: Weiterschreiben würde nicht gehen, da wir drei unterschiedliche Enden und Gegebenheiten haben. Ich müsste mich für ein Ende entscheiden und weiterschreiben. Damit würde ich viele unzufrieden zurücklassen. Das möchte ich verhindern und habe da auch was vorbereitet 😉 aber mehr verrate ich dazu nicht 😀

Vielen lieben Dank, lieber Markus. Danke für deine Zeit und deine Antworten. Es war mir ein Fest 🙂